Sanftmut und Geduld in Corona-Zeiten

So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.

Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.

Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. (Kol 3,12-17)

Ich verstehe diese Worte in diesen Zeiten ganz neu:

Ihr, wir sind die Auserwählten Gottes. Gott hat uns gesegnet und er segnet uns weiter. Er hat uns bewahrt vor Schlimmerem in unserem Land und er bewahrt uns weiter. Und als solche sollen wir fest bleiben: in Geduld – ja, wir sind noch nicht übern Berg, wir müssen die geltenden Maßnahmen und Regeln sehr ernst nehmen, Tag für Tag, Stunde für Stunde – so retten wir Leben und schützen uns selbst und können so denen helfen, die in diesen Tagen diese Hilfe ganz nötig haben.  Wenn es dann wieder soweit ist, können wir auch die Fülle der Gottesdienste mit Gesang und entfalteter Musik und Gemeinschaft und Gesprächen beim Kirchenkaffee neu entdecken und in der Fülle leben – noch aber ist Geduld das Gebot der Stunde und Sanftmut.

Jesus Christus sagt: „Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.“ Die Übermütigen werden womöglich sterben – die Sanftmütigen aber, sie werden auf der Erde von großer Bedeutung sein. Sie werden das Erdreich besitzen, d.h. es bebauen, hegen und pflegen, ja auch das Wirtschaftsleben wieder Schritt für Schritt aufbauen.

Und all das in Demut. Nichts ist Selbstverständlich in diesen Tagen. Und jeder kleine Erfolg, die Pandemie einzudämmen, ist fragil und brüchig und kann schnell wieder verspielt sein. Nehmen wir eine dankbare und demütige Haltung an, dann gelingen uns auch „herzliches Erbarmen und Freundlichkeit“.

Es gibt viele Menschen, die aufgrund der Krise vieles verloren haben.  Bei einigen verschärft sich noch die soziale und finanzielle Lage, die schon vor der Krise sehr fragil war. Ich spüre das in Gesprächen mit Menschen, die sich an mich wenden. Gut, dass wir in diesen Zeiten unsere Kirche, die Gemeinden und die diakonischen Einrichtungen haben, die im Grunde stabil organisiert ist und in Notsituationen anders, manchmal auch unbürokratischer helfen können als der Staat und die Kommune.

Die „Diakonie Katastrophenhilfe“ ruft zu Spenden für Notleidende in der Corona-Krise weltweit auf. Ihr Spendenkonto ist bei der Evangelischen Bank; IBAN: DE68520604100000502502

Sie können natürlich auch in der Thomasgemeinde oder in Ihrer jeweiligen Ortsgemeinde für die Aufgaben im diakonischen Bereich Spenden. Wir sind auf Ihre Spenden und Gaben angewiesen.

Ja, wir sollen uns derer erbarmen, denen es jetzt wirklich schlecht geht. Fragen wir beim Nachbarn nach. Bieten wir Hilfe an, wo wir es vermögen. Im Kleinen, im Privaten beginnt das.

Von einem Bekannten habe ich jetzt sogar gehört, dass er Kontakt aufgenommen hat zu einer Organisation, einer Suppenküche in den USA. Er möchte von Deutschland aus „Care-Pakete“ organisieren – so wie Amerikanerinnen und Amerikaner uns Deutschen nach dem Weltkrieg mit solchen „Care-Paketen“ geholfen haben, wieder auf die Beine zu kommen – so möchte er jetzt den Menschen in den USA helfen. Die USA ist das mit Abstand am härtesten getroffene Land der Welt. Dass Jahre lang am Gesundheits- und Sozialsystem des Staates gespart und dieses abgebaut wurde, rächt sich nun. Doch sind es unsere Schwestern und Brüder, die dort leiden, die dort sterben, die dort massenweise in Arbeitslosigkeit geraten – wie zuletzt in der großen Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren.

Vielleicht machen auch diese „Care-Pakete“ Schule – halten wir Augen und Ohren offen und seien wir wachsam.

Schließlich sollen wir, so schreibt der Apostel Paulus, „über alles die Liebe anziehen, denn sie ist das Band der Vollkommenheit“. Ein Band verbindet. Die Liebe verbindet uns untereinander und miteinander. Hatten wir Deutsche es nach Ende des 2. Weltkrieges – und wir haben uns am vergangenen Freitag, am 08. Mai, an diesen Tag der Befreiung von Nationalsozialismus erinnert – verdient, geliebt zu werden, dass man uns „Care-Pakete“ schickt und uns wieder auf die Beine hilft? Warum also sollten wir jetzt nicht auch unseren amerikanischen Schwestern und Brüdern Gutes tun und ihnen „Care-Pakete“ schicken?

Der Friede Christi regiere in unseren Herzen, so schreibt Paulus weiter – nicht Rachsucht, Besserwisserei oder Streitlust.

Und noch etwas, liebe Gemeinde, höre ich ganz neu:

Paulus schreibt: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.“

Ja, Herr Jesus Christus, das tun wir. Wir singen: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit.“ Ja, es fühlt sich draußen schon seit Wochen an wie Sommer. Und wir danken für den Sommer. Und wir bitten Gott um Regen für unser Land – und darum, weiterhin vor dem Schlimmsten bewahrt zu werden. Und wir geben Paulus das letzte Wort:

„Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“

Amen